Theater Halbe Treppe - Foto von Klaus Ulrich
Theater Halbe Treppe - Foto von Klaus Ulrich
Theater Halbe Treppe - Foto von Klaus Ulrich
Theater Halbe Treppe - Foto von Klaus Ulrich
Theater Halbe Treppe - Foto von Klaus Ulrich
Theater Halbe Treppe - Foto von Klaus Ulrich
Theater Halbe Treppe - Foto von Klaus Ulrich
Theater Halbe Treppe - Foto von Klaus Ulrich

Theater Halbe Treppe: alles außer gewöhnlich


Die „Kleine Bühne“ hat nach dem Umzug vom Ledigenheim in die ehemalige Johannisschule große Pläne. Profis und Amateure aller Sparten bringen kulturelle Vielfalt nach Lohberg. Initiatorin Kordula Völker ist glücklich über das tatkräftige ehrenamtliche Team, das dieses Angebot ermöglicht.


Im Theater Halbe Treppe ist alles etwas anders: Die KünstlerInnen bekommen keine feste Gage für ihre Auftritte, sondern zahlen eine (geringe) Raummiete. Leiterin Kordula Völker möchte „keine Intendantin sein“, sondern setzt auf Basisdemokratie. Und wer hier auftreten möchte, muss kein Profi seiner Zunft sein, aber sich zunächst auf einer „Spielwiese“ bewähren. Ein spannendes Projekt mit Zukunft, dem es noch an Zweierlei mangelt: an mehr Besuchern und an Geld. Aber bei so viel kreativem Potential und der großen Bereitschaft, ehrenamtlich anzupacken, stehen die Chancen auf eine rosige Zukunft gut. Schließlich wird im Theater Halbe Treppe etwas Besonders geboten: ein Experimentierfeld für junge und erfahrene KünstlerInnen, in dem freudige Aufbruchsstimmung herrscht.


„Dieses Angebot machen wir in Lohberg, weil hier nichts Vergleichbares existiert“, erklärt Kordula Völker, „in der Stadtmitte, wo ich wohne, gibt es schon jede Menge Theater. Der Stadtteil Lohberg hat noch etwas Traditionelles, befindet sich aber im Wandel. Für unser Konzept, ein künstlerisches Netzwerk aufzubauen, sehe ich hier viel Perspektive.“ Diese Einstellung verbindet die Kabarettistin und Liedermacherin mit den kreativen Akteuren im KQL. Die Kontakte zwischen ihnen und dem Theater Halbe Treppe wachsen, beim ersten open house des Jahres Anfang März hat Kordula Völker im Atelier freiart gesungen, gemeinsame Projekte mit den KQL-KünstlerInnen sind in Planung. „Wir befruchten uns gegenseitig, aber der Aufbau des Theaters bindet noch so viele Ressourcen, dass eine engere Kooperation erst später ansteht.“


Start auf dem Flur im Ledigenheim – wiederbelebte Träume vom eigenen Theater


Verknüpfungspunkt zum KQL ist unter anderem das Ledigenheim, in dem Kordula Völker ein Büro hatte. Zu den diversen Berufsausbildungen des Multitalents zählen auch Erzieherin, Diplomsozialpädagogin und Theaterpädagogin. „Für ein Seminar habe ich einen schwarzen Vorhang in den Flur gehängt und schon es sah aus wie im Theater. Auf diese Weise wurde mein bereits ad acta gelegter Traum von einer eigenen Bühne wiederbelebt.“ Einige Mitstreiter gesellten sich zu ihr, und so entstand das „Theater mit Herz“, wie Kordula Völker es nennt. Ende 2013 stand der Büroflur nicht mehr zur Verfügung. Dem ersten Schock folgte die Erleichterung. Die Stadt bot Unterstützung an und signalisierte eine Lösung.


Im Oktober 2014 zog die Halbe Treppe in einen Klassenraum der ehemaligen Johannisschule an der Teerstraße ein – eine originelle Unterkunft mit 45 Zuschauerplätzen: Über dem Theater sind ein Boxclub und ein Billardclub beheimatet. „Wir lernen miteinander umzugehen“, beschreibt die Theatermacherin die nachbarschaftlichen Anbahnungen. „Wir haben auf, wenn der Boxclub zu hat, wegen der Geräusche.“ Unter dem Dach logieren Künstler, die im Bergpark an der „Choreografie einer Landschaft“ arbeiten.


Zwei Tage pro Woche hat die viel beschäftigte Entertainerin im Herbst hier gewirbelt, derzeit ist es ein Tag pro Woche. „Zukünftig möchte ich im Wesentlichen wieder als Künstlerin arbeiten und nicht mehr als Organisatorin“, betont Kordula Völker. Als einzige Freiberuflerin im Halbe-Treppe-Team kümmert sich die 56-Jährige um Handwerker, technische Fragen, Versicherungen, Ausschanklizenz und vieles mehr. „Ich will aber keine Intendantin sein, sondern zunehmend Verantwortung abgeben. Wir organisieren uns eher basisdemokratisch, was Einige in unserem 13-köpfigen Team nicht gewohnt sind.“


Nach 20 Jahren als Solokünstlerin geht die Kabarettistin nicht mehr auf Tournee, sondern setzt andere berufliche Schwerpunkte. Dazu gehört auch, mit der Gitarre in der Hand eigene Lieder vorzutragen, „aber nur noch vor Ort“. Ansonsten hat die Vollblutkomödiantin „das Lager gewechselt“. Statt selber im Rampenlicht zu stehen, bringt sie heute als Regisseurin andere auf die Bühne, unterrichtet Schauspiel, Kabarett, Komik und Pointenschreiben. Für eine, die eigentlich immer Lehrerein werden wollte, geht damit ein weiterer Traum in Erfüllung. Dass sie nun im ehemaligen Lehrerzimmer der Grundschule Lohberg theaterpädagogische Fortbildungen für Erzieherinnen und GrundschullehrerInnen auf den Lehrplan setzt, ist der Unterschied zwischen Beruf und Berufung.


Vision von lokaler Kulturszene – bunte Überraschungspakete auf der Bühne


„Unsere Vision mit dem Theater besteht darin, eine lokale Kulturszene zu etablieren und gemeinsam mit anderen Künstlern kleine Abende zu gestalten.“ Besonders reizvoll findet Kordula Völker Cross Over-Projekte. „Zum Beispiel haben Musikerin Samirah Al-Amrie und Märchenerzählerin Jutta Ulrich kürzlich einen orientalischen Abend gestaltet. Wir haben eine bunte Mischung und bieten immer wieder Überraschungspakete.“ Das Spektrum der Halbe Treppe umfasst so ziemlich alles, was man auf die Bühne bringen kann: Kleinkunst, Kabarett, Varieté, Poetry Slam, Musik aller Genres und Tanz. Ausübende aller Berufe rund um Theater, Musik und Show können sich hier nach Herzenslust tummeln. (Nähere Infos auf der Website der Kleinkunstakademie.) Liedermacher und Pilgerreisende, ein trommelnder Hase, Dinslakener „Sahneschnittchen“, Kordula Völker mal als gut gelaunte Seniorin Erna, mal als poetische Liedermacherin, die 86-jährige Sketch up-Komödiantin Ruth Wendt und viele andere KünstlerInnen aller Generationen bringen kulturelle Vielfalt nach Lohberg.


Nachwuchssolisten und Profis, die im Theater Halbe Treppe auftreten möchten, müssen sich mit einem Kurzauftritt während einer „Spielwiese“ bewerben. Der Hut geht rum, eine feste Gage gibt es nicht. Sind die Vereinsmitglieder von der Vorstellung angetan, steht die Bühne für Soloauftritte zur Verfügung.


Der Verein „Halbe Treppe e.V.“ organisiert das Theater ehrenamtlich „mit großem Einsatz und Spaß an der Kleinkunst“. Das Theater erwirtschaftet weder Gewinne noch darf es Verluste schreiben, daher kann es keine Festgagen zahlen. Solistisch auftretende KünstlerInnen sind rechtlich gesehen Eigenveranstalter und buchen für einen kleinen Betrag die Räume. Der Verein kümmert sich um Pressearbeit, Licht-und Tontechnik und die Veranstaltungsorganisation. Ensembles können das Theater zu einem Festpreis buchen und darin ihr selbst organisiertes „eigenes Ding machen“.


Stammpublikum muss noch heranwachsen – Rahmen, um Neues zu probieren


Auf der Website des Vereins heißt es: „Wir haben noch kein festes Stammpublikum (…). Aber unser kleines Theater bietet einen wunderbaren Rahmen Neues auszuprobieren und mit anderen KünstlerInnen zusammen etwas Einzigartiges auf die Beine/Bühne zu stellen. Alles was im Mainstream (noch) keine Chance an großen Bühnen hat, kann sich bei uns im familiären Rahmen, aber dennoch öffentlich ausprobieren und experimentieren.“


Eng verbunden mit der „Halben Treppe“ ist der 2007 gegründete Verein „Kleinkunstakademie e.V.", der innovative Theaterprojekte, Inszenierungen und Seminare durchführt. Sein Team besteht aus Kulturschaffenden unter der Leitung von Kordula Völker sowie FörderInnen. Stadt Dinslaken, Sparkasse, Volksbank und Jazzinitiative Dinslaken unterstützen den Verein, der weitere ehrenamtliche Mitarbeiter sucht. Bei Organisation und Durchführung der Aufführungen ist jede hilfreiche Hand willkommen. Zur Belohnung gibt es einen „VIP-Platz“ im Theater. „Unser Ziel ist es vor allem, Seminare zu geben“, erläutert Kordula Völker. „Zum Beispiel gibt es Ostern ein fünftägiges Seminar zur Professionalisierung bei Ton- und Lichttechnik im Theater Halbe Treppe.“ Im Mai und Juni stehen Tagesworkshops zu Playbacktheater und kreativer Stimme an, im September feiert das Amateur-Schwarzlichttheater Black Dreams Premiere in der Halben Treppe.


2013 hat die Kleinkunstakademie das Netzwerk Freie Szene Niederrhein gegründet, in dem auch Interessenten aus dem Ruhrgebiet willkommen sind. KünstlerInnen aller Branchen rund um die Bühne treffen sich zum Austausch und um Kooperationen zu planen.


Kordula Völker gehört zu den Menschen, die viel Energie, Ideen und Zeit investieren, um in Lohberg ein lebendiges Miteinander von KünstlerInnen, Kreativschaffenden und Bewohnern zu schaffen. Ihr und dem Theater Halbe Treppe sind weitere Akteure zu wünschen, die Lust haben, in diesem großen Gemeinschaftsprojekt mitzuwirken. Lohnend ist das auf jeden Fall, wenn auch nicht unbedingt in finanziellem Sinne. Aber wertvolle Erfahrungen, Spaß und die Möglichkeit, eigene Ideen umzusetzen, gibt es hier gratis.
 

Text: Gudrun Heyder

Fotos: Klaus Ulrich

INFO


Theater Halbe Treppe
Teerstr. 2, 46537 Dinslaken
Programminfo: Tel. 02064 – 48 00 677 (AB)
www.theaterhalbetreppe.de
www.kleinkunstakademie.de


Künstlerstammtisch
Das Team Theater Halbe Treppe ist im Aufbau eines Künstlerstammtisches.
Interessierte sind jederzeit herzlich willkommen: kontakt@theaterhalbetreppe.de

Kordula Völker
www.voelker-kabarett.de

www.jobart.info