KQL Serie, Folge 8
Vom Akkuraten zur künstlerischen Freiheit ohne Beschränkung
Doris Kook ist Vermessungsingenieurin und Bildende Künstlerin. In ihrem Atelier im KQL kombiniert sie Malerei, Bildhauerei und Digitale Fotografie.
Doris Kook übt zwei gegensätzliche Berufe aus: Als Vermessungsingenieurin arbeitet sie exakt mit Daten und Fakten. Als Künstlerin nimmt sie sich Freiheiten und experimentiert nach Lust und Laune mit Materialien und Stilen. Die 59-Jährige empfindet diese Kombination als ideal. Eine halbe Stelle im Bereich Bodenordnung der Stadt Dinslaken erlaubt ihr den Luxus, „nichts malen zu müssen, was sich gut verkauft. Das ist mein großes Glück“, versichert die gebürtige Dinslakenerin.
Die Malerin und Bildhauerin war eine der ersten Künstlerinnen im Kreativ.Quartier Lohberg. Schon 2008 /2009 nahm sie an einer Arbeitsreihe auf der still gelegten Zeche teil, 2010 am TWINS-Projekt BlauBleuBlue im Rahmen der Kulturhauptstadt-Projekte. Im selben Jahr bezog sie ihr Atelier in der früheren Lohn- und Lichthalle, nach Gabriele Sowa, Ulrike Int-Veen und dem Fotostudio Sonderschicht. „2013 sind wir wegen der statischen Probleme in diesem Gebäude in das ehemalige Gesundheitshaus umgezogen. Ich arbeite sehr gerne im KQL, denn es ist wichtig für die Stadtentwicklung und die kulturelle Entwicklung in Dinslaken.“ Bei ihrer Arbeit im Technischen Rathaus hat Doris Kook viel mit der Umwandlung des Zechengeländes zu tun. „Das trenne ich zu hundert Prozent von meinem Künstlerinnendasein im Kreativ.Quartier, schon wegen des Datenschutzes.“
Im Verein der KQL-Kreativen ist die Künstlerin Vorstand und Kassenwartin
Die Gemeinsamkeit und der künstlerische Austausch mit den anderen Kreativen im KQL gefallen Doris Kook sehr und inspirieren sie. Das fängt bei Kleinigkeiten an: Gerade verwendet die Künstlerin alte Buchteile, die Kollege Thomas Zigahn nicht mehr brauchte. Der wirft als Upcycling-Künstler aus Prinzip nichts weg, sondern verteilt Materialien lieber an die anderen KünstlerInnen. Im 2012 gegründeten Verein der Kreativen im KQL – LINK- wirkt Doris Kook im Vorstand mit. „Ich verwalte neben dem Organisatorischen die Kasse, einer muss das ja machen.“
In der oberen Etage des Gesundheitshauses arbeitet Doris Kook in einem „Sauberraum“ mit Besprechungstisch für den Verein und in einem „Matschraum“, in dem sie ihre Farben mischt, malt, mit Ton arbeitet und anderes mehr. Ihre Werke füllen beide Zimmer – Frauenporträts, Bilder von verfremdeten Schaufensterpuppen, ungegenständliche Gemälde, kleine Skulpturen aus Ton in Rosttönen (passend zur Zeche), ein mehrere Kilo schweres Herz aus grünem Speckstein, den sie mit dem Beil in Form schlug, bearbeitete Digitalfotografien, atmosphärische Fotos von melancholischen Figuren auf dem Kölner Melatenfriedhof…hier gibt es viel Eigenwilliges und Bezauberndes zu entdecken.
„Ich habe einen Hang zum Schönen, aber auch zum Komischen und Skurrilen.“
Auffallend ist die Vielfalt von Doris Kooks künstlerischen Ausdrucksmitteln. Eine Reihe von nahezu schwarzen Frauenporträts wirkt düster und verschlossen, daneben verströmt ein zierliches Gemälde in Frühlingsfarben fast schmetterlingshafte Leichtigkeit. Die filigranen Miniskulpturen aus Ton kontrastieren mit dem gewichtigen Specksteinherz mit seiner teils rauhen, teils glänzenden Oberfläche. Ein buntes ungegenständliches Bild lässt erahnen, dass der blühende Kirschbaum hinter dem Gesundheitshaus Modell für die schwungvollen Formen stand. Raffiniert wirken kleine Bilder in Pastell- und Goldtönen in 3 D-Rahmen: Vor den hingetupften Farbflecken im Hintergrund scheinen gezeichnete Frauenakte zu schweben.
„Diese Werke sind ja nicht auf einmal, sondern im Verlauf etlicher Jahre entstanden“, erklärt Doris Kook ihre künstlerische Vielfalt. Nach langen Jahren als Vermessungsingenieurin - anfangs bei der Stadt Mülheim, dann bei einem Vermessungsbüro, schließlich bei der Stadt Dinslaken – begann sie 2003 mit ihrer künstlerischen Ausbildung. „Ich war sehr aktiv in der Friedens- und Frauenbewegung und bin so an das Frauenbildungshaus Zülpich geraten, dessen Gründung ich miterlebt habe“, erzählt die gebürtige Dinslakenerin. Doris Kook ist bis heute öfters in Zülpich und absolvierte dort bei der Bildhauerin Christine Nicolay vier Jahre lang berufsbegleitend ein privates Studium. „Diese Frau hat mich geprägt. Sie war anthroposophisch ausgebildet und hat uns mit Holzbildhauerei, Malerei, Druckverfahren, Rauminstallationen und Land Art vertraut gemacht.“
Ihre Zukunftspläne: eine weitere Ausbildung und ehrenamtliches Engagement
Anschließend vertiefte Doris Kook in der Malschule von Ukrike Int-Veen im KQL ihre Fertigkeiten in der ungegenständlichen Malerei. Außerdem besucht sie immer wieder Sommerakademien und Fortbildungen in Stein- und Holzbildhauerei, Malerei und Zeichnung. „Ich glaube, die Bildhauerei verlasse ich allmählich“, überlegt sie, „mein Stein in der letzten Akademie war sauhart, das war anstrengend…“
In drei Jahren, mit 62, will die Ingenieurin und Künstlerin ihren Job bei der Stadt aufgeben. Eine Schwerbehinderung, die sie sich bei der Arbeit zugezogen hat, ermöglicht ihr den vorzeitigen Ruhestand. „Ich habe eine starke Sensibilität für Chemikalien, komme aber inzwischen gut damit zurecht“, erklärt sie. Auch im Winter braucht Doris Kook immer ein geöffnetes Fenster, im Atelier verwendet sie selbst hergestellte Farben, Tusche und einen Acrylbinder, den ihre Atemwege vertragen. Von den Beeinträchtigungen durch ihre Erkrankung lässt sich die gelassene Endfünfzigerin nicht beirren. Sie genießt ihr ausgefülltes Leben, zu dem außer den beiden Berufen noch ihr studierender Sohn („Philosophie und Geschichte – ein Denker“), ihre Mutter, ihr Freund und ein Garten gehören. „Wenn ich nicht mehr bei der Stadt beschäftigt bin, möchte ich noch eine Ausbildung machen und mich ehrenamtlich engagieren, vielleicht in der Flüchtlingsarbeit oder auch in Zülpich“, plant die unternehmenslustige Dinslakenerin.
Einzelausstellung im Wasserturm Wesel mit Frauenbildern, Fotos und Aktmalerei
Dass sich Doris Kook als Künstlerin verwirklicht, war früher keineswegs abzusehen: „Mit 15 hatte ich null Ahnung, was ich machen sollte und habe mich bei der Sparkasse beworben. Die Stadt Dinslaken suchte damals einen Lehrling für Vermessungstechnik und weil ich gut rechnen und zeichnen konnte, habe ich das dann gemacht. Ich war eine ganz Genaue und konnte sogar Normschrift mit 75 Grad Neigung mit Tusche schreiben statt mit der Schablone. Jetzt gehe ich genau den anderen Weg. Ich will nicht mehr pingelig sein und mich nicht mehr beschränken! Aber ein gut strukturierter Mensch bin ich immer noch“, erzählt die humorvolle Kreative fröhlich.
Kürzlich hatte sie eine Einzelausstellung in der Galerie 399 in Dinslaken, zur Zeit bereitet sie eine weitere Einzelausstellung im historischen Wasserturm in Wesel vor, organisiert von den Stadtwerken Wesel. Im September 2015 zeigt sie dort Fotobearbeitungen, Frauenbilder und Aktgemälde sowie Ungegenständliches. „Das ist immer ein echter Durchgang, sich solistisch mit den eigenen Werken der Öffentlichkeit zu präsentieren“, findet Doris Kook. Sie weiß, was sie will und geht ihren Weg unbeirrt weiter, mit der ihr eigenen Mischung aus bodenständiger Beständigkeit und verspielter Lust auf Neues.
Gudrun Heyder
INFO
Beim „open house“ der KünstlerInnen im KQL am 8. März 2015, dem internationalen Frauentag, zeigt Doris Kook in ihrem Atelier im Gesundheitshaus eigene Werke und stellt drei Frauenprojekte vor: das Frauenhaus Dinslaken, das Frauenbildungshaus Zülpich und die Kölner Organisation Medica Mondiale, die sich intensiv für sexuell traumatisierte Frauen und Mädchen in Krisen- und Kriegsgebieten einsetzt.
Mit den anderen KünstlerInnen im Verein „Kreative im Quartier Lohberg“ hat sich Doris Kook für ein ecce-Projekt beworben. Die Gruppe möchte 2015 im Stadtteil Lohberg mit Unterstützung der Stadt Dinslaken ein künstlerisches Projekt durchführen.
Atelier Doris Kook
Hünxer Straße, 372, 46537 Dinslaken
Tel. 02064-904 45
Öffnungszeiten nach Vereinbarung
kook@kreativquartier-lohberg.de
www.kreativquartier-lohberg.de