29.09.2020

Porträtserie Folge 10: Yusuf Uzun - "Einmal Lohberg, immer Lohberg"

Portrait Yusuf Uzun
Yusuf Uzun nach seinem Interview mit Michael Heidinger in der "Funkzentrale Hexenhaus" und ganz privat.

Yusuf Uzun, Facharbeiter für Lagerlogistik, engagiert sich im Quartiersmanagement des Stadtteils. Mit seinen Eltern und drei Brüdern lebt der 20-Jährige mitten in Lohberg und ist hier „superglücklich“. Das Leben in Lohberg findet er richtig gut, aber „noch besser“ geht immer.

Politik? Daran hatte Yusuf Uzun bisher kein Interesse. Bis er Michael Heidinger und Michaela Eislöffel interviewt hat, zwei der Dinslakener Bürgermeisterkandidaten für die Kommunalwahl. „Ich war ziemlich nervös, aber es hat auch Spaß gemacht und war eine gute Erfahrung“, erzählt der junge Lohberger. Das Quartiersmanagement Lohberg hatte vor der Wahl mit jungen Leuten Podcasts entwickelt. Yusufs erster Kontakt mit Politik – mit dem Erfolg, dass er am 13.09.2020 zum ersten Mal gewählt hat und auch gleich seine Familie und Freunde dazu aufforderte.

„Lohberg muss sich mehr verändern“

Mit Michael Heidingers Antwort auf seine Frage, wo Jugendliche sich eigentlich aufhalten können, ohne auf Missfallen zu stoßen, war Yusuf Uzun allerdings nicht zufrieden. „Ich lebe super gerne in Lohberg, aber Jugendliche werden über einen Kamm geschoren und nirgendwo geduldet, zum Beispiel auf dem Abenteuerspielplatz“, findet der 20-Jährige. „Gerade wenn es abends mal später und vielleicht etwas laut wird.“ Der Bürgermeister sei seiner Frage ausgewichen, kritisiert der wortgewandte Facharbeiter. Lohberg müsse sich mehr und schneller verändern. „Der Bergpark ist neu und die Wohnsiedlung, aber das reicht nicht, die Straßen sehen aus wie immer. Seit Jahren wird uns auf dem Fußballplatz Kunstrasen versprochen, aber das sind immer nur Pläne. Und wir brauchen hier eine neue Sehenswürdigkeit.“  

„Man kennt jeden von Tag eins an“

Yusuf Uzun liebt Lohberg trotzdem, denn "man kennt jeden von Tag eins an und alle helfen sich gegenseitig, wie eine große Familie". Deshalb kann er sich auch nicht vorstellen, woanders zu leben. Wie seine drei Brüder will er „bis zur Heirat“ bei seinen Eltern wohnen, „das ist bei uns traditionell so“. Sein Vater ist ebenfalls in Lohberg aufgewachsen, seine Mutter kam als 19-jährige Braut hierher. Yusuf hat die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft. „Hier bin ich eher der Türke und habe mich dem Land angepasst. Wenn ich in der Türkei Urlaub mache, fühle ich mich eher als Deutscher“, definiert der Lohberger sein Selbstverständnis. „Das ist für mich aber kein Problem, sondern ein Vorteil, weil ich die Ansichten beider Seiten verstehe, und das erleichtert die Kommunikation.“

Sich persönlich weiter entwickeln

Ihm ist sowieso egal, aus welchem Land jemand stammt. „Wer nett zu mir ist, zu dem bin ich auch nett“, lautet seine Philosophie. Nach seinem Realschulabschluss an der Ernst-Barlach-Gesamtschule absolvierte Yusuf Uzun seine Ausbildung. Er arbeitet bei einer Tochterfirma von Amazon in Oberhausen und will vielleicht die Abendschule und die Fachhochschule besuchen, um später im Bereich Pädagogik, Kommunikation oder Wirtschaft arbeiten zu können. Denn er will sich persönlich weiterentwickeln und früh eine Familie gründen. „Und dafür brauche ich eine sichere Perspektive“, argumentiert er. 

Guter Stürmer in der Kreisauswahl

Sein großes Hobby ist Fußball. „Ich bin ein leidenschaftlicher Stürmer und hatte in der Kreisauswahl einen guten Namen, aber wegen einer Knieverletzung musste ich aufhören und kann bei den Spielen nur noch zusehen“, bedauert Yusuf Uzun. Soviel Sport wie möglich macht er trotzdem.

„Ich helfe, wo ich kann.“

Sein neues Engagement im Quartiersmanagement Lohberg gefällt ihm sehr. „Ich helfe, wo ich kann. Dabei wollte ich eigentlich nur einen Freund an seinem ersten Tag dort unterstützen“, amüsiert er sich. Aber als Tim Poéll ihn fragte, ob er sich mehr einbringen wolle, ließ er sich gerne darauf an. Das Leben in Lohberg ist also richtig gut, aber „noch besser“ geht immer. Yusuf Uzun vermittelt den Eindruck, dass er seinen Weg auf jeden Fall machen wird – ob hier oder anderswo.

Text: Gudrun Heyder

Fotos: Michael Heidinger und Yusuf Uzun (Jens Seppendorf, AJA - Aufsuchende Jugendarbeit, Diakonisches Werk Dinslaken) / Selfie von Yusuf Uzun