16.06.2020

Lohberger Porträts, folge 6, Pastor Nico Quartel: „Mein Wunsch ist, dass Lohberg Positives ausstrahlt“

Oben: Ausschnitt vom neuen Haus der Familie Quartel. Unten: Evmarie und Nico Quartel.

Nico Quartel, 36, kam aus den Niederladen auf Umwegen nach Dinslaken. Die Entscheidung, im neuen Wohnquartier ein Haus zu kaufen, trafen der Pastor und seine Frau innerhalb von zwei Tagen. Auch ihre drei Kinder sind von Lohberg begeistert. 

Am Akzent merkt man gleich, dass Nico Quartel nicht von hier ist. In der Nähe von Leiden und Rotterdam wurde der Niederländer 1984 geboren, in der Umgebung von Arnheim studierte er bis 2012 Theologie. „Meine Frau hat die ersten zehn Jahre als Tochter von deutschen Missionaren in Papua-Neuginea verbracht. Wir haben uns 2007 in den Niederlanden in einer Bibelschule kennengelernt, anderthalb Jahre später geheiratet und dann in den Niederlanden gelebt“, erzählt der Neu-Lohberger in perfektem Deutsch.

Nico Quartel ist Pastor in der freikirchlichen Gemeinde in Dinslaken-Bruch. Er übernahm die Stelle als damals 28-Jähriger von seinem Vorgänger, der dort 22 Jahre lang Gemeindepfarrer war.

„Ich hatte noch nie von Dinslaken gehört.“

Und so gelangte der Familienvater nach Dinslaken und Lohberg: „Nach meinem Studium habe ich überlegt, ob ich als Missionar ins Ausland gehen möchte oder lieber in eine Gemeinde.“ Seine Frau Evmarie und er sahen den richtigen Weg darin, nach Deutschland zu ziehen und wohnten zunächst bei ihren Eltern in der Nähe von Hannover. Kein Problem für den flexiblen Europäer. Entscheidungen werden bei den Quartels immer gemeinsam getroffen, egal worum es geht, das ist ihm wichtig.  

Der junge Theologe bewarb sich bei christlichen Organisationen und lernte intensiv die deutsche Sprache. Die Evangelische Gesellschaft für Deutschland war an ihm interessiert und hatte in Dinslaken eine Pfarrstelle zu besetzen. Nico Quartel: „Ich hatte noch nie von Dinslaken gehört.“ Was also tun?

Theologe und Gemeinde waren sich gleich sympathisch

Das Ehepaar Quartel betet stets für gute Entscheidungen und vertraut darauf, im Leben von Gott geführt zu werden. Und so fiel es ihnen leicht, in die unbekannte Region Niederrhein / Ruhrgebiet umzuziehen. Der Theologe und die Gemeinde waren sich gleich sympathisch. „Die haben mich ganz lieb aufgenommen, das passte.“ Die junge Familie mietete eine Wohnung nahe der Gemeinde in Dinslaken-Bruch und zog später an die Voerder Straße um.

Da es mit der Gemeinde so gut harmonierte, beschlossen die Quartels, in Dinslaken zu bleiben.

„Da es an der Voerder Straße nicht ideal war, habe ich im September 2019 im Internet gesucht und ein Mittelreihenhaus im neuen Lohberger Wohnviertel gesehen.“ Nun ging es sehr schnell: Evmarie und Nico Quartel sahen sich samstags in Köln ein Modellhaus an und sagten am Montag „Wir nehmen es“. Laut Verkäufer gab es weitere zehn kaufwillige Interessenten, denen kamen sie zuvor. „Es war nie mein Traum, ein Haus zu kaufen, aber es hat sich so gefügt und diese Gelegenheit kam uns vor wie eine offene Tür“, meint Nico Quartel.

Spielen und Inliner fahren im Bergpark

In der Straße Vatan (Türkisch für Heimat) leben sie nun seit Februar 2020 zu fünft auf etwa 140 Quadratmetern in drei Etagen: die Eltern und ihre Kinder im Alter von neun, sieben und fünf Jahren. „Die Kinder waren gleich begeistert, weil hier jedes ein eigenes Zimmer hat.“ Im kleinen Garten und im Bergpark spielen sie mit anderen Mädchen und Jungen, fahren Inliner und Fahrrad. Zu ihrer Grundschule in Bruch, der Hagenschule, nimmt sie Vater Nico auf dem Weg zur Arbeit im Auto mit. Zum Otto-Hahn-Gymnasium kann die Große nach den Sommerferien mit dem Bus fahren.

"Es gibt eine gute Gemeinschaft"

Mutter Evmarie ist gelernte Krankenschwester und ehrenamtlich in der freikirchlichen Gemeinde aktiv. Als „Ruhepol der Familie“ bleibt sie vorerst zuhause bei den Kindern. Nico Quartel hat öfters nachmittags frei und unternimmt dann etwas mit seinen Sprößlingen.     

„Hier passt alles“, freut sich der Pastor, „die Nachbarn sind nett, wir haben schon Kontakte, es gibt eine gute Gemeinschaft, und auf dem Lohberger Markt gehen wir gerne einkaufen.“

Die Niederlande hat er anfangs vermisst

Das Ehepaar Quartel hat eine Patenschaft für eine syrische Flüchtlingsfamilie übernommen, die seit 2016 in der Gartenstadt lebt. Die Familie ist offen für ihre Mitmenschen. Herkunft und Glaubensrichtung spielen da keine Rolle. Nico Quartel hat die Niederlande anfangs vermisst, zum Beispiel den „Koniginnendag“, der alljährlich am Geburtstag von Königin Beatrix als großes Volksfest begangen wurde. (Inzwischen heißt der König Willem-Alexander und der Feiertag „Konigsdag“.)

In Lohberg richtig angekommen

„Zuerst habe ich mich manchmal wie ein Kind gefühlt, denn manches läuft in Deutschland anders, etwa bei den Ämtern“, sagt Nico Quartel. Aber nun ist er in Lohberg richtig angekommen. Für seine Familie wünscht sich der 36-Jährige, dass sie sich hier weiterhin wohlfühlt und noch mehr Kontakte knüpfen kann. „Durch Corona war das nur eingeschränkt möglich, mit Gesprächen auf der Straße.“

Und der Theologe möchte verwirklichen, was Jesus gelehrt habe, so wie es in der Bibel steht: „Wir sollen Licht sein in dieser Welt.“ Nico Quartels tiefer Glaube motiviert ihn dazu, „Liebe nicht nur in Worten, sondern auch in Taten weiterzugeben. Denn es gibt so viel Dunkles. Die Pandemie, den Rassismus…“    

Mit offenen Augen und Ohren umhergehen

Auch für den Stadtteil wünscht sich der Neu-Lohberger, dass „Nächstenliebe herrscht und Positives von hier ausstrahlt“, dass die Bewohner*innen mit offenen Augen und Ohren umhergehen und sich um die anderen kümmern. „Wir sind alle Menschen und sollten einander respektieren und lieben.“

Text: Gudrun Heyder

Fotos: privat