22.12.2020

Gesellschaft aus Freilicht AG und Stiftung Ledigenheim will Zechenwerkstatt sanieren

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Tausend Mal geplant, und jetzt ist viel passiert: So könnte der aktuelle Hit zur Zechenwerkstatt heißen. Initiator*innen der Freilicht AG und der Stiftung Ledigenheim haben eine gemeinnützige Gesellschaft gegründet, um die „industriekulturelle Perle“ zu dauerhaftem neuem Leben zu erwecken. Aktuell wird geprüft, ob die Stadt das Gebäude kauft und der Gesellschaft per Erbpacht überlässt. Das Projekt nimmt Fahrt auf.

Der aktuelle Stand

Bis zum 15.01.2021 müssen die Förderanträge zur Herrichtung der Gebäudehülle der Zechenwerkstatt bei der für die Städtebauförderung zuständigen Bewilligungsbehörde sein – der Bezirksregierung Düsseldorf. Daher ist Eile geboten. Denn nur mit einem politischen Beschluss kann der Antrag im Januar vollständig und fristgerecht abgegeben werden. Die neue „Zechenwerkstatt Immobilien Verwaltung gGmbH“ (ZIV) tauscht sich nahezu täglich mit der Stadt aus. Lea Eickhoff, die  - wie auch Janet Rauch - Geschäftsführerin der ZIV ist, erklärt am 18.12.2020: „Die Stadt will das Projekt. Wir ziehen alle an einem Strang und versuchen gemeinsam die beste Lösung zu finden.“  

Und nun die einzelnen Teile dieses komplexen Puzzles:

Die neue Gesellschaft

Seit fünf Jahren hat die Freilicht AG die 2.400 m² große Zechenwerkstatt zu ihrem Herzensprojekt erwählt und zwischengenutzt. Um endlich langfristig planen zu können und den Traum von der eigenen Kultur- und Veranstaltungshalle zu verwirklichen, hat sich die gemeinnützige Aktiengesellschaft mit der Stiftung Ledigenheim zusammengetan. Die neue gemeinnützige Gesellschaft ZIV besteht seit Oktober 2020. Ihre Absicht war, das Gebäude von der RAG Montan Immobilien zu kaufen und dann zu sanieren. Lea Eickhoff: „2021 wollen wir dann gemeinsam eine Betreibergesellschaft als gemeinnützige Aktiengesellschaft gründen.“

Engagement der Stiftung Ledigenheim

Janet Rauch, Geschäftsführerin der Stiftung Ledigenheim, begründet die Kooperation so: „Unsere Stiftungszwecke sind Denkmalschutz und die Förderung der bergmännischen Kultur. Das passt ideal zum Zweck der neuen Gesellschaft. Wir begleiten das Projekt Zechenwerkstatt seit zwei Jahren. Wie sich unser Engagement konkret gestaltet, hat sich im Lauf der Zeit herausgestellt. Wir möchten der Stadtgesellschaft etwas zurückgeben und hier ist unser Engagement bestens platziert. Das Gebäude ist wunderschön und die Arbeit der Freilicht AG absolut förderungswürdig.“

Finanzierung des Großprojekts

Am 15. Dezember 2020 sollte der Stadtrat entscheiden, ob sich die Stadt Dinslaken mit 1,28 Millionen Euro an der Sanierung der Gebäudehülle der Zechenwerkstatt beteiligen wird. Wegen der Corona-Pandemie wurde die Ratssitzung abgesagt, stattdessen beriet der Hauptausschuss über die Zechenwerkstatt.

Grüne, CDU und SPD sprachen sich dort dafür aus, dass die Stadt Dinslaken das Gebäude erwirbt und in Form einer Erbpacht langfristig an die ZIV verpachtet. Die Stadtverwaltung ist nun beauftragt, diesen Vorschlag zu prüfen.

Lea Eickhoff stellt klar: „Da liegt jetzt die Musik drin. Eine Erbpacht kommt Eigentum recht nahe. Es ist nicht so, dass die Stadt uns die Zechenwerkstatt ‚wegnehmen‘ will, wie es teilweise in der Presse hieß. Wir stehen unter Zeitdruck, aber alle sind um eine gute Lösung bemüht.“

Die Haltung der Stadt

Die Stadt erachtet die Zechenwerkstatt als maßgeblich prägend für das Gelände des KQL, auch aufgrund ihrer zentralen Lage am Platz der Vielfalt. Sie stifte den Bürger*innen Identität, sei von besonderer städtebaulicher Bedeutung und komme dem Image Lohbergs zugute. Fazit: Der Erhalt des Baudenkmals liege im öffentlichen Interesse.

Über die Städtebauförderung finanziert werden soll die Herrichtung der Gebäudehülle. 70 Prozent der förderfähigen Kosten müssten Land und Bund stemmen, die Stadt hätte einen Eigenanteil von 30 Prozent zu tragen.

Aktueller Zustand des Baudenkmals

„Schrottimmobilie“, „kaum nutzbar“ – so lautet die Diagnose der Stadt. Witterungseinflüsse, unterbliebene Instandhaltung seit der Zechenschließung Ende 2005 und Vandalismus haben das historische Gebäude stark angegriffen. Janet Rauch meint: „Das Gebäude ist nichts mehr wert, aber die Bausubstanz ist noch intakt.“ Planungsdezernent Dr. Thomas Palotz erklärte im Hauptausschuss, der Kaufpreis beziehe sich auf das Grundstück, die Zechenwerkstatt habe eher symbolischen Wert.

Weitere Schritte im Jahr 2021

Mitte 2021 solle die Bewilligung des Landes für die Förderung der Gebäudehüllensanierung vorliegen, erläutert Lea Eickhoff. Ob das Vorhaben landesseitig gefördert wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt offen. Dann könne sich Jede und Jeder mit eigenen Ideen für das Nutzungskonzept einbringen. „Denn die Zechenwerkstatt soll ein Ort von und für die Dinslakener sein.“ Sobald die Corona-Pandemie es zulässt, sollen Infoveranstaltungen und Ideenwerkstätten stattfinden.

Liegt die Bewilligung vor, kann die ZIV die europaweite Ausschreibung für die denkmalgerechte Sanierung starten. Eickhoff: „So etwas kann nicht jeder.“ Ende 2021 könnte dann endlich der Baubeginn anstehen.

Die Stimmungslage

„Das ganze Projekt ist ein Marathon für die Freilicht AG“, schildert Lea Eickhoff ihre Gemütslage. „Wir befinden uns noch im ersten Drittel und haben nicht nur einmal überlegt, ob wir hinschmeißen. Aber das gehört dazu. Wenn wir dann wieder Menschen durch die Halle führen, die total begeistert sind, sind wir erneut beseelt von unserem Vorhaben.“ Das Miteinander mit der Stiftung Ledigenheim als neuem, erfahrenen Partner stärke sie ungemein und sei „sehr schön“. Sie ist zuversichtlich, dass der beste Weg mit allen Beteiligten gefunden wird.

Info: Etappen der Zechenwerkstatt

Die 1904 errichtete Zechenwerkstatt diente zunächst als Pferdestall, dann als Werkstatt für sämtliche Gewerke des Zechenbetriebs. 2010 war die Zechenwerkstatt erstmals – und daraufhin jährlich bis 2019 – Schauplatz der ExtraSchicht. 2016 mietete die Freilicht AG die Halle vom Eigentümer RAG Montan Immobilien an, um Veranstaltungen durchzuführen. Bereits 2014 stieg hier das Public Viewing zur Fußball-WM, 2016 zur EM.

Street Food Festivals, Konzerte und soziale Projekte belebten das KQL. Auch die RuhrTriennale nutzte die Zechenwerkstatt für eindrucksvolle Inszenierungen. 2018 und 2019 fand hier mit großem Erfolg der vom Scholtenhof verlegte Weihnachtsmarkt statt. Seit 2016 nutzten etwa 50.000 Besucher*innen die Industriehalle als Begegnungsort. Das alles stemmte die Freilicht AG im Wesentlichen ehrenamtlich.

Text und Fotos (2, Weihnachtsmarkt): Gudrun Heyder, Foto Mitte: Stammtisch in der Zechenwerkstatt, Freilicht AG

Info: www.zechenwerkstatt.de