31.08.2018

Pflegeschule zieht ins KQL - Interview mit Caritas-Direktor Michael van Meerbeck

Der Caritasverband für die Dekanate Dinslaken und Wesel e.V. hat die frühere Licht- und Lohnhalle gekauft. Die Bauanträge werden derzeit geprüft. Im Idealfall beginnen im Herbst nächsten Jahres 200 bis 300 Pflegeschüler*innen mit der Ausbildung.

 

Ein großer Schritt für das Kreativ.Quartier Lohberg: Die Caritas hat im August 2018 das ehemalige Verwaltungsgebäude der Zeche Lohberg von der RAG Montan Immobilien GmbH gekauft. Das Grundstück umfasst 5800 Quadratmeter. Wenn Hunderte junger Leute im KQL lernen, teilweise auch hier wohnen würden, käme richtig viel Leben auf das Zechengelände. Früher lernten Bergwerks-Azubis in Lohberg, vom nächsten Jahr an – wenn alles gut geht – zukünftige Gesundheits- und Kranken- sowie Altenpfleger*innen.

 

„Ausbildung und Architektur sollen hochwertig sein“

 

Caritas-Direktor Michael van Meerbeck erklärt: „Der Bedarf ist in der Region auf jeden Fall vorhanden. Wir möchten eine hochwertige Ausbildung anbieten und die architektonische Gestaltung des Gebäudes soll das widerspiegeln.“ Als weitere Entwicklung ist über die Schule hinaus ein „Zentrum zur Potenzialentwickung der Pflege“ angedacht. Praktiker*innen und Wissenschaftler*innen könnten hier an der zukünftigen Gestaltung des Berufs arbeiten. Aufgrund der stetig ansteigenden Zahl alter Menschen und dem gravierenden Personalmangel ist der Handlungsbedarf bekanntlich groß.

 

Was derzeit passiert:

 

Die Verhandlungen des Caritasverbandes mit dem St.-Vinzenz-Hospital (Träger der Schule) über die notwendigen Kooperationen sind fast abgeschlossen. Beide arbeiten seit über zwei Jahren an dem Projekt. Weitere Partner sind willkommen.

Die Bauanträge sind bei der Stadt eingereicht und werden noch um das Brandschutzkonzept ergänzt.

Das Rheinische Amt für Denkmalpflege prüft das Bauvorhaben. Van Meerbeck ist zuversichtlich, dass dem Umbau nichts im Wege steht.

 

Zwei Bauabschnitte sind vorgesehen:

  1. Zuerst soll die Lohnhalle umgebaut werden. Im Erdgeschoss soll es ein Foyer als Aufenthaltsbereich, Klassenräume, einen Raum der Stille, Küche, Lager und Toiletten geben. Weitere Klassenräume und Lehrerzimmer können im 1. OG Platz finden. Im 2. OG sind Einzelwohnungen und WGs für Auszubildende sowie Gemeinschaftsräume vorgesehen. Außerdem wird es Parkplätze und Grünflächen geben.
  2. Die ehemalige Waschkaue soll weitere Klassenzimmer, Mensa und Bibliothek enthalten, das 1. OG ebenfalls Klassenzimmer und das 2. OG Gästezimmer.

Im Sommer oder Herbst 2019 soll der Bau fertiggestellt sein und im Oktober 2019 die Ausbildung beginnen. Die Pflegeschule soll zunächst 200 bis 300 Azubis qualifizieren. Die Ausbildung zur Fachpflegekraft dauert drei Jahre.

 

Interview mit Caritasdirektor van Meerbeck: 

 

„Pflegende brauchen mehr Wertschätzung. Wir möchten sie in Lohberg gut auf den Beruf vorbereiten. Für das Gemeinwesen im Stadtteil wäre die Pflegeschule sehr positiv.“

 

Michael van Meerbeck ist „guter Dinge“, dass der „Kraftakt“ mit dem Umbau der Lohn- und Lichthalle zur Pflegeschule gelingen wird. Aber der Direktor der Caritas Wesel mahnt auch an, dass diese zweite Chance, in Dinslaken eine Pflegeschule zu errichten, für die Caritas wahrscheinlich wegen des nicht zur Verfügung stehenden Raumes die letzte sei. Im Interview mit KQL-Redakteurin Gudrun Heyder erläutert er die Pläne für den Standort im Kreativ.Quartier Lohberg. 

 

Gudrun Heyder: Welches Ziel verfolgen Sie mit der Pflegeschule in Lohberg?

 

Michael van Meerbeck: Der Fachkräftemangel trifft auch uns als tarifgebundenen Träger. Wir brauchen Menschen, die wir gut auf den Pflegeberuf vorbereiten. Das ist eine Frage der Kultur des Arbeitens. Pflegende bekommen viel zu wenig Wertschätzung. Der Personalmangel in der Pflege liegt auch darin begründet, dass frisch examinierte Fachkräfte nach einem Monat kündigen, weil sie sich das nicht antun wollen. 

 

GH: Woran liegt das?

 

MvM: Alle reden von mehr Achtung gegenüber Pflegenden, aber in der Praxis sieht das anders aus. Die Dokumentationspflichten nehmen überhand und oft fehlt das Vertrauen in die Kompetenz der Pflegekräfte. Nur ein Beispiel: Wir sind von der Heimaufsicht verpflichtet, vom Computer messen zu lassen, wie lange es dauert, bis eine Pflegefachkraft auf den Notruf aus einem Zimmer reagiert. Sie kennt ihre Patientin und hat sie gerade versorgt. Kurz darauf betätigt jedoch ein Besucher der Patientin den Notruf, um zu testen, wie schnell die Pflegerin angelaufen kommt - und diese Dauer müssen wir melden. Wie soll die Pflegerin sich dabei vorkommen?

 

GH: Wie kann eine Pflegeschule derartigen Problemen abhelfen?

 

MvM: Wir tun bereits jetzt für unser Personal, was möglich ist. Zum Beispiel ist nahezu die Hälfte unserer Pflegenden für Palliativpflege fortgebildet. Aber mit einer qualitätsvollen, praxisnahen Ausbildung möchten wir die Ergebnisqualität in unseren stationären und ambulanten Einrichtungen weiter steigern. Das ist nur mit einem so guten Partner wie dem St. Vinzenz Hospital mit einer hochwertigen Ausbildungsqualität umzusetzen.  Das Krankenhaus St Vinzenz ist Träger der Pflegeschule und des Altenpflegeseminars, mit dem wir sehr gut kooperieren werden. Das Krankenhaus bildet schon seit seinem Bestehen aus.

 

GH: Was wird die Schule außerdem anbieten?

 

Neben den Inhalten der Schule, sollen auch Angehörige und Ehrenamtliche für die Bereiche der Pflege, wie z.B. der unserer Hospizbewegung, dem Demenzbereich und der pflegenden Angehörigen weitergebildet werden. Darüber hinaus werden Menschen für Entlastungsangebote in der Pflege ausgebildet werden.

 

GH: Ein weiteres Zukunftsprojekt ist das „Zentrum zur Potenzialentwickung der Pflege“. Mit wem kooperieren Sie dabei?

 

MvM: Wir haben uns mit mehreren Universitäten aus der Region getroffen, darunter sind das Fliednerwerk in Düsseldorf und die Uni Witten-Herdecke. Die Unis sind sehr interessiert. Das Zentrum ist aber bis jetzt eine Vision. Denn wir brauchen einen Ort, an dem Pflege und die Nöte und Interessen der Pflegenden in den Mittelpunkt gestellt werden.

 

GH: Haben Sie einen persönlichen Bezug zu Lohberg?

 

MvM: Ja, denn die Caritas betreibt viele soziale Einrichtungen in Lohberg wie beispielsweise, zwei Häuser der offenen Tür, eine Kindertagesstätte, die offene Ganztagsschule und das Bildungsinnovationszentrum mit der örtlichen Grundschule. Und mein privater Bezug besteht darin, dass mein Opa Fahrsteiger auf der Zeche Lohberg war. Unsere Familie ist diesem Ort eng verbunden.

 

GH: Was erhoffen Sie sich von der Pflegeschule im KQL für den Stadtteil?

 

MvM: Inhaltlich wäre die Schule für die gesamte Region sehr gut und für das Gemeinwesen in Lohberg ebenfalls. Wir bieten schließlich viele Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze an.

 

GH: Das klingt alles sehr positiv. Sehen Sie noch Hürden für die Verwirklichung des Projekts? Der Zeitplan erscheint mir relativ eng, wenn in gut einem Jahr die Ausbildung beginnen soll.

 

MvM: Unsere Planungen sind abgeschlossen, der Rohbau steht. Allerdings hat das Gebäude weder Heizung noch Wasser noch Strom. Wir sind zuversichtlich, dass die Stadt Dinslaken unsere Bauanträge genehmigt und wir den Zeitplan einhalten können. Die Denkmalpflege hat uns bereits mündlich signalisiert, dass sie unsere Pläne wohl mit erträglichen Auflagen genehmigen wird.

 

GH: Dann drücke ich Ihnen die Daumen dafür, dass Sie im Herbst 2019 die ersten Schülerinnen und Schüler hier begrüßen können.