13.03.2017

Serie „Energie“ Teil 4: Grubengas- und Biomethan-Blockheizkraftwerke

 

Blockheizkraftwerke – die Konstanten im Energiemix des KQL

 

Energie gewinnen aus Biogas und Grubengas – wie funktioniert das eigentlich? Die Serie zum Thema Energie im KQL gibt Aufschluss:

 

Verborgen hinter der Betonmauer des alten Zechenkühlturms erzeugt ein Blockheizkraftwerk der Stadtwerke Dinslaken Strom und Wärme aus Biomethan. Im BHKW der Mingas-Power GmbH westlich von Schacht 2 passiert das Gleiche mit dem heute noch verfügbaren Grubengas. Beide Anlagen tragen wesentlich zur CO2-neutralen Energiegewinnung im Kreativ.Quartier Lohberg bei.

 

Eine kleine Einführung zu Kraftwerken vorab: Ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk erzeugt gleichzeitig Wärme und Strom. Der Vorteil gegenüber herkömmlichen Kondensationskraftwerken: Deren Wirkungsgrad liegt nur bei etwa 38 Prozent, weil der Großteil der eingesetzten Energie als Abwärme ungenutzt an die Umwelt abgegeben wird. Heizkraftwerke hingegen nutzen die Abwärme über Fernwärmeleitungen und sind deshalb effizienter.
Noch umweltschonender sind dezentrale Blockheizkraftwerke, denn sie erzeugen Strom dort, wo zeitgleich anfallende Wärme nicht über weite Strecken (und damit verlustreich) transportiert werden muss, sondern unmittelbar verbraucht werden kann. Auch die Verluste bei der Stromverteilung entfallen. Der Wirkungsgrad der BHKWs beträgt bis zu 85 Prozent.

 

Die BHKWs in Lohberg: Zu aktiven Zeiten der Zeche wurden die ersten beiden BHKW-Anlagen der Stadtwerke mit Grubengas betrieben. Wie die Heizkraftwerke heute funktionieren und warum sie wichtig für den Standort sind, erklären Arno Gedigk, Hauptabteilungsleiter Erzeugungsanlagen der Stadtwerke, und Hans-Dieter Hoffmann, Projektingenieur Grubengas NRW bei der Mingas-Power GmbH.

„Die Stadtwerke Dinslaken haben 1998 zwei BHKW-Anlagen auf dem Zechengelände errichtet, die zu den größten in Deutschland gehörten“, erläutert Arno Gedigk. „Das methanhaltige Grubengas wurde aus den Flözen abgesaugt.“ Methan (CH4) besteht aus Kohlenstoff und Wasserstoff. In den Heizkraftwerken wurde das Gas in Strom und Wärme für die Versorgung der Kunden in Lohberg und Dinslaken-Bruch umgewandelt.

 

Auch nach dem Kohleabbau entsteht weiterhin Grubengas


Nach dem Ende des Kohleabbaus bildet sich auch weiterhin Gas, doch nicht mehr geochemisch wie bisher, sondern biochemisch durch Mikroben. „Nach der Schließung der Zeche konnten wir die beiden Anlagen aber zwei Jahre lang nicht betreiben, weil die Zeche belüftet wurde und die Maschinen abgebaut“, fährt Gedigk fort. „Zeitgleich war keine Absaugung möglich. 2007 wollten wir die BHKWs wieder in Betrieb nehmen, aber der Methangehalt reichte dafür nicht mehr aus. Deshalb haben wir eine Anlage stillgelegt und die andere mit Erdgas betrieben.“

 

Diese Anlage befindet sich in direkter Nachbarschaft zum Bergpark-Weiher, verborgen hinter der Betonhülle des alten Kühlturms der ehemaligen Druckluftanlage der Zeche Lohberg. Zwei Schornsteine ragen oben heraus, der eine ist stillgelegt. „Die Anlage fällt unter das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG)“, erklärt Arno Gedigk. Dabei gibt es für den produzierten Strom eine festgelegte Vergütung durch den Netzbetreiber.

 

2014 stellten die Stadtwerke Dinslaken ein BHKW auf Biogas um.

 

Seit Juli 2014 läuft das BHKW der Stadtwerke Dinslaken statt mit Erdgas mit Biomethan. In der Anlage werden pro Jahr jeweils 16 Millionen Kilowattstunden(kWh) Strom und Wärme erzeugt: genug, um vor Ort in Dinslaken mehr als 5.000 Haushalte zu versorgen.
Das Biogas stammt jedoch nicht aus der Umgebung, wie der Laie vielleicht denkt. „Wir beziehen es aus mehreren Anlagen in Deutschland, vor allem in Ost- und Süddeutschland“, erläutert Gedigk, „zum Beispiel aus Hage nahe Norden an der Nordseeküste. Dort werden Mais, Gülle und Gras-Silage zur regenerativen Energiegewinnung genutzt.“ Damit das Biomethan zu Biogas wird, das in das deutsche Erdgasnetz eingespeist werden kann, muss es zuvor „gewaschen“ werden, das heißt, das CO2 wird entfernt. Damit die Mischung stimmt, kommen dann noch ein bis zwei Prozent Flüssiggas dazu.

 

Virtuelles Biogas“ aus dem Erdgasnetz

 

„Was wir in Lohberg aus dem Gasnetz ziehen, ist sozusagen virtuelles Biogas, denn wir hängen an der ganz normalen Erdgasleitung. Wir entnehmen aber die gleiche Menge, die zum Beispiel in Hage in das Gasnetz einspeiset worden ist. CO2-neutral ist es deshalb, weil der Mais, der dort wächst, das CO2 wieder aufnimmt“, weiht Gedigk in die Einzelheiten ein.

 

Also wird nicht alle Energie, die zur Versorgung des KQL dient, auch unmittelbar dort gewonnen. Um CO2-Neutralität zu erzeugen, kann die Energie auch Umwege nehmen. Warum in Lohberg kein Biomasse-Kraftwerk errichtet wurde? „Wir haben uns 2007 bewusst dagegen entschieden, im KQL ein Biomasse-Kraftwerk zu errichten“, berichtet der Hauptabteilungsleiter. „Denn wir betreiben seit 2007 ein solches Kraftwerk direkt am Standort der Stadtwerke in der Innenstadt mit Landschaftspflege-Material. Zwei Kilometer weiter eine zweite solche Anlage zu bauen, wäre unsinnig.“

 

Das Biomethan-BHKW im Kühlturm wird noch zwei Jahre lang weiter funktionieren, dann ist der Motor mehrere Millionen Kilometer gelaufen und wird laut Gedigk durch einen ähnlichen, aber noch effizienteren Motor ersetzt - das ist preiswerter, als den bisherigen zu reparieren. Um den riesigen Motor zu warten, ist alle drei Tage ein Experte der Stadtwerke vor Ort.

 

Sonne, Wind und Biomasse am selben Ort gleichzeitig zu nutzen, ist ein Alleinstellungsmerkmal Lohbergs

 

In den Mix regenerativer Energien im Kreativ.Quartier Lohberg passe das Blockheizkraftwerk wunderbar, betont der Experte. Sonne, Wind und Biomasse zur CO2-neutralen Energieerzeugung am selben Standort gleichzeitig zu nutzen, ist ein Alleinstellungsmerkmal Lohbergs.

 

Der große Vorteil des BHKW gegenüber dem Windrad und der Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Kohlenmischhalle (siehe bisherige Folgen der Energie-Serie) besteht darin, dass es unabhängig vom Wind und von der Sonne zuverlässig Strom und Wärme erzeugt, während 8.500 Stunden im Jahr. Gibt es eine „Dunkelflaute“, das heißt einen kalten, windstillen Tag mit dicker Wolkendecke, ist dem BHKW das egal, während Windrad und Solardach weitgehend passen müssen. Dafür haben diese Energieanlagen andere Vorteile.

 

Das Heizkraftwerk für die Strom- und Wärmegewinnung in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt jedoch mehr Energie als Windrad und Fotovoltaik zusammen. Die Leistung beträgt 2 Megawatt elektrisch und 1,8 Megawatt thermisch.

 

Low-Methan-Technik: 22 Prozent Methan-Gehalt reichen zum Betrieb aus

 

Die Mingas-Power GmbH betreibt seit 2003 eine Grubengasverwertungsanlage mit sechs BHKWs, westlich von Schacht 2 und südlich der Maschinenhalle gelegen. „Im Jahr 2000 wurde Grubengas in das Erneuerbare Energien-Gesetz aufgenommen“, erklärt Hans-Dieter Hoffmann. „Methan ist in der Atmosphäre 21-mal so schädlich wie CO2.“

 

Nach der Zechenschließung nahmen die Menge und der Methangehalt des Lohberger Grubengases kontinuierlich ab, er beträgt derzeit nur noch 22 Volumenprozent. Mit speziell für niedrige Methanwerte entwickelten Maßnahmen, zum Beispiel Änderungen an den Gasregelstrecken, kann die Mingas-Power GmbH auch weiterhin Strom und Wärme aus dem sogenannten Schwachgas erzeugen. „Zurzeit liefert die Grubengasverwertungsanlage mit dem Betrieb nur eines BHKW circa 1300 Kwh Strom und 1200 Kwh Wärme - und das 8000 Stunden im Jahr, also fast immer, bis auf Unterbrechungen für die regelmäßigen Wartungen, die alle 1000 Stunden erforderlich sind“, erläutert Hoffmann.

Mit der Nutzung des derzeit noch anfallenden Grubengases leisten die Mingas-Power GmbH und die Fernwärmeversorgung Niederrhein GmbH einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz und zur Ressourcenschonung.

 

In Verbindung mit einem Anstieg des Grubenwassers werde nach Beendigung des Steinkohlebergbaus in einigen Jahren Schluss sein mit der Grubengasverwertung, kündigt Hoffmann an. Das Grubenwasserkonzept der Ruhrkohle AG sieht vor, nach der Schließung der letzten Zeche im Ruhrgebiet 2018 das Grubenwasser, das derzeit an allen Zechenstandorten abgepumpt werden muss, wieder ansteigen zu lassen. Dann werden unter Tage alle Hohlräume und Spalten volllaufen und das Gas wird herausgedrückt. Ungefähr ab 2030 wird in Lohberg wohl kein Grubengas mehr entweichen.

 

Text: Gudrun Heyder

 

INFO


Grubengas: Flözgas, das durch das Verritzen der Kohle beim Bergbau freigesetzt wird. Die Zusammensetzung kann sich durch zuströmende Luft verändern. Durch den Kohleabbau lockern die Flöze auf mit der Folge, dass das Methan in die bewetterten Strecken von Bergwerken hineindiffundiert und die Wetter sich mit Methan anreichern.

 

Biomethan: 86.000 Megawattstunden (MWh) Biomethan pro Jahr liefert die in München ansässige bmp Greengas an die Stadtwerke Dinslaken. Diese Menge geht zur Hälfte an das BHKW des Stadtwerke-Kooperationspartners ENNI Energie & Umwelt Niederrhein GmbH in Moers. Das Biomethan wird unter anderem in den Sachsen-Anhalter Anlagen in Kroppenstedt und Klein-Wanzleben erzeugt und durch das Erdgasverbundnetz nach Dinslaken durchgeleitet.

 

Biogas-BHKW: Der Motor mit 12 Zylindern, einem Hubraum von 85 Litern und einer elektrischen Leistung von 2 Megawatt hat einen elektrischen Wirkungsgrad von über 44 Prozent. Zusammen mit der thermischen Leistung von 1,8 MW erreicht das BHKW einen Gesamtwirkungsgrad von über 85 Prozent. Mit der Anlage können rund 16.000 Megawattstunden (MWh) Strom und 14.400 MWh Fernwärme jährlich erzeugt werden.

Grubengas-BHKW: Verbrennungsmotoren mit 16 Zylindern, einem Hubraum von 72 Litern und einer elektrischen Leistung von 1350 Kilowatt haben einen elektrischen Wirkungsgrad von 40 Prozent und einen thermischen Wirkungsgrad von 45 Prozent. Der Gesamtwirkungsgrad liegt also bei 85 Prozent. Mit einem BHKW dieses Typs können also 10.000 Megawattstunden Strom und 12.000 Megawattstunden Wärme jährlich erzeugt werden.


CO2-Einsparung: Die CO2-Einsparung gegenüber einer konventionellen Stromerzeugung liegt allein für das Biomethan-BHKW in Lohberg bei 14.000 Tonnen pro Jahr und für das Grubengas-BHKW bei 45.000 Tonnen im Jahr.