16.08.2017

Interview mit Lea Eickhoff: Freilicht AG prüft die dauerhafte Nutzung der Zentralwerkstatt

Street Food Festival KQL
Eines der Events der Freilicht AG: Das Street Food Festival vor der ehemaligen Zentralwerkstatt im KQL

Lea Eickhoff und ihre Mitstreiter arbeiten mit Begeisterung an Konzepten für Inhalte und Finanzierung. Ob der Mix aus Kreativwirtschaft, Kunst und Events sich wirtschaftlich tragen könnte, ist noch offen.

Die Zentralwerkstatt bietet riesige Chancen für Veranstaltungen und Kreativwirtschaft: Davon ist Lea Eickhoff fest überzeugt. Als Geschäftsführerin der Freilicht AG vermarktet sie seit einem Jahr die historische Halle auf dem Zechengelände. Im Interview mit kql.de erzählt die umtriebige 30-Jährige, was die Freilicht AG bisher in der Zentralwerkstatt auf die Beine gestellt hat, was im derzeitigen Zustand der Halle machbar ist und welche Pläne und Visionen sie und ihre Mitstreiter für die Zukunft haben.

 

kql.de: Frau Eickhoff, was war die Initialzündung für Ihr Engagement in der Zentralwerkstatt?

 

Lea Eickhoff: Als die Ruhrtriennale 2015 erstmals in Lohberg war, stand ich in dieser Halle und war fasziniert von der Atmosphäre. Es ratterte direkt in meinem Kopf, was man darin alles machen könnte. Zum Glück konnte ich den Aufsichtsrat der Freilicht AG schnell davon überzeugen, dass wir uns dafür einsetzen. Dessen Mitglieder haben vor 20 Jahren das Gleiche mit dem brach liegenden Burgtheater erlebt und ich konnte das alte Feuer wieder entfachen. Das sind alles Macher und Unternehmer, die auch bereit sind, Risiken einzugehen. Diese bestehende Struktur, auf die ich zurückgreifen kann, ist ein großes Geschenk.

 

Wie ging es los und was hat die Freilicht AG bisher in die Zentralwerkstatt investiert?

 

Wir haben zu einem sehr fairen Preis einen Mietvertrag mit der RAG Montan Immobilien geschlossen, die für unsere Ideen offen war, eine temporäre Nutzungsänderung beantragt und ein Brand- und Sicherheitskonzept sowie ein Marketingkonzept erstellt. In der Zentralwerkstatt gab es weder Wasser noch Strom noch eine Heizung. Wir haben etwa 10.000 Euro für ein Brandschutzgutachten, die Elektroinstallation und eine Sicherheitsbeleuchtung ausgegeben. Dazu kommen meine Personalkosten. Wir hoffen aber, Ende diesen Jahres unser Zwischenziel, die „schwarze Null“, zu erwirtschaften.

 

Welche Veranstaltungen führen Sie bereits durch und welche Nutzungen sind vorstellbar?

 

Für uns gibt es zwei Wirkungsstränge. Erstens: Was können wir mit der bisher geschaffenen Infrastruktur umsetzen? Zweitens: Was wäre möglich, wenn die Zentralwerkstatt saniert würde und wir sie dauerhaft nutzen könnten? Unser Problem ist, dass unser Mietervertrag auslaufen würde, sobald es einen großen Investor gäbe, der in das Konzept der Projektgemeinschaft für das KQL – bestehend aus RAG Montan Immobilien GmbH und Stadt Dinslaken – passt. Es sei denn, wir würden die Halle selbst kaufen. Deshalb können wir vorläufig nicht zu viel investieren. Die Nutzungsänderung gilt zunächst bis Ende 2017.
Aufgrund der teilweise fehlenden Infrastruktur passen noch nicht alle Formate in die Halle, die wir uns dort vorstellen könnten. Wir suchen daher immer Nutzungen, die mit den aktuellen Bedingungen auskommen.

 

Was ist denn derzeit umsetzbar? Welche Aktionen gibt oder gab es bisher?

Wir haben schon jetzt einen tollen Mix anbieten können. Neben wiederkehrenden Veranstaltungen wie der Extraschicht, dem Street Food Festival (nächster Termin: 14. Oktober) oder dem Weiberkram Trödelmarkt (nächster Termin: 24. September) hatten wir
auch einzigartige Veranstaltungen wie zum Beispiel die Jubiläumsfeier Bergmannschores Concordia zum 100-jährigen Bestehen. Eine passendere Location hätte man dazu nicht finden können.


Ein regelmäßiges Angebot ist die Party „Randale und Triebe“ der beiden Dinslakener Lukas Jacobs und Torben Luckow. Das ist ein weltoffenes Format für alle ab 18 Jahren, eine Art „Berlin in Dinslaken“, was ansonsten in der Stadt nicht existiert. Es gibt verschieden Floors und Musikstile, viel Elektronisches und Hits (Nächster Termin: 16. September).
Zudem trifft sich regelmäßig ein Bulli Stammtisch auf dem Außengelände und es finden einige Fotoshootings in der Halle statt. 2016 dienten in den warmen Sommermonaten einige Räume als Übergangs-Ateliers für Künstler des niedergebrannten Gesundheitshauses.
Unser Anspruch ist, dass unsere Untermieter diesen besonderen Spielort verstehen und alles mit Liebe zum Detail durchführen.

 

Wie sieht es mit der Einbindung der Lohberger Bevölkerung aus? Für das KQL ist das ein zentraler Aspekt.

 

Wir wollen, dass unsere Veranstaltungen allen etwas bringen, auch wenn nicht jede Aktion jeden Lohberger anspricht, das wäre unehrlich. Wir haben einen tollen Draht zum Parkwerk: Die Aktiven übernehmen das Catering für die über 30 Künstler der Ruhrtriennale und bei den Aufführungen ab Ende August auch das Catering für das Publikum. Das Ensemble der Triennale-Produktion „Projecting Space“ ist derzeit für etwa drei Monate unser dauerhafter Mieter.

 

Frau Eickhoff, was halten Sie von dieser Tanztheater-Produktion der Ruhrtriennale in der Zentralwerkstatt?

 

Ich freue mich total darauf, weil die Künstler ihr Stück inklusive Bühnenbild in diesem Gebäude entwickeln und darin wandern werden, die Zuschauer laufen mit. Da entsteht etwas Lebendiges, was den Ort unmittelbar einbezieht. Das ist schön, es passt gut zur früheren Nutzung der Zentralwerkstatt, als hier permanent gearbeitet wurde.

 

Wie steht es mit dem zweiten Wirkungsstrang, von dem Sie sprachen - dem in die Zukunft gerichteten?

 

Wir haben mit der Freilicht AG bereits viele Brainstormings dazu gehabt. Wir überlegen, ob wir für eine dauerhafte Nutzung der Zentralwerkstatt eine weitere Aktiengesellschaft gründen sollen, um die Halle betreiben zu können. Unser Team ist super aufgestellt und wir erarbeiten in vielen ehrenamtlichen Stunden ein Nutzungskonzept. Die zentrale Frage ist, ob unser Konzept wirtschaftlich tragfähig sein kann. Es gibt geeignete Förderprogramme, mit deren Auflagen wir uns aktuell beschäftigen.

 

Wie weit sind Sie mit den Planungen?

 

Wir gucken mit Herzblut, aber auch ganz realistisch: Können wir das stemmen? Das ist eine Mordsaufgabe. Wir sind in Gesprächen mit der RAG Montan Immobilien und der Stadt. Was hilft, ist unsere sehr gute Vernetzung in Dinslaken. Es wäre unglaublich toll, wenn wir hier von Dinslakenern für Dinslakener etwas Dauerhaftes schaffen könnten. Aber auch wenn uns das gelingt, wird es bestimmt mindestens drei Jahre dauern, bis wir unsere Pläne umsetzen können.

 

Wie sähe die Zukunft der Zentralwerkstatt aus, wenn sich Ihre Wünsche erfüllen?

Es sollte eine Mischung aus Kreativwirtschaft und Events sein. Also Ateliers für Künstler, Räume für Unternehmen, Veranstaltungen mit lokalen und regionalen Partnern und große Events. Ich kenne viele junge Leute, die aus Dinslaken weggegangen sind, jetzt wieder kommen und sich vorstellen können, im KQL zu arbeiten. Sie wollen eine gute Atmosphäre, eine Autobahnanbindung und genug Parkplätze: Das haben wir dort alles.


Interview: Gudrun Heyder


Zur Person: Lea Eickhoff

Lea Eickhoff ist Geschäftsführerin der Freilicht AG und als einzige Hauptamtliche fest bei der Aktiengesellschaft angestellt. In Aachen geboren, wuchs sie in Dinslaken auf und lebt auch dort. Die 30-Jährige ist Veranstaltungskauffrau IHK und Diplom-Eventmanagerin, zudem studierte sie drei Semester Kommunikations- und Medienwissenschaften.
Die „optimistische und lösungsorientierte Macherin“ – so ihre Selbstbeschreibung – arbeitete fünf Jahre lang in der Essener Event- und Kommunikationsagentur TAS, bevor sie das „Fantastival“ in Dinslaken managte, nach wie vor ihre Hauptaufgabe.


Beispiele für vergangene Veranstaltungen
Street Food Festival

Partyreihe „Randale & Triebe“
Rumblers Car Club BBQ (HotRod & Custom Car-Treffen)
Jubiläumsfeier zum 100-jährigen Bestehendes Bergmannschores „MGV Concordia“
Extraschicht
DIN-Arena – Public Viewing zur Europameisterschaft
Sponsorentreffen der Freilicht AG
Diverse Fotoshootings & Videodrehs
Ruhrtriennale
Konzerte
Übergangs-Ateliers für Künstler des niedergebrannten Kreativ-Quartiers

 

Kommende Termine
31. August bis 3. September: Ruhrtriennale mit „Projecting Space“
16. September: Randale & Triebe
17. September: Bulli Stammtisch
24. September: Weiberkram Mädeltrödel
14. und 15. Oktober: Street Food Festival