22.05.2013

Beratungstag für Kreative und Kulturunternehmer

„Wir schaufeln uns gemeinsam frei“

Kulturmanager Oliver Wittmann hat im Kreativ.Quartier Lohberg Einzelunternehmer kostenlos und individuell beraten.


Die Konkurrenz in der Kreativwirtschaft ist groß und als Solo-Selbstständiger wird man leicht betriebsblind. Eine qualifizierte Beratung kann einem wieder die Augen öffnen, zum Beispiel für lohnende Märkte, an die man selbst gar nicht gedacht hätte. Oliver Wittmann, regionaler Ansprechpartner Nordrhein-Westfalens des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes, war einen Tag lang im Kreativ.Quartier Lohberg vor Ort. Sein kostenloses Angebot war ausgebucht, und der Jurist und Kulturmanager konnte den Unternehmern so manchen wertvollen Tipp geben.


„Das sind alles handfeste Geschäftsleute, die zum Teil schon über das Gründungsstadium hinaus sind“, erzählt Oliver Wittmann. „Wie man einen Businessplan oder eine Rechnung schreibt, brauche ich nicht mehr zu erklären. Trotzdem herrscht bei ihnen Unsicherheit, ob sie alles richtig machen und ob sich ihr Unternehmen in ein Erfolg versprechende Richtung entwickelt. Sie brauchen ein Feedback - etwa zur Akquisition, die für jeden ein Dauerthema ist. Mein wichtigster Ansatzpunkt bei den Beratungsgesprächen ist: Passt alles zusammen? Schätzt der Kreativunternehmer die Märkte richtig ein? Ich möchte zur Selbstreflexion anregen.“


Vier Einzelunternehmer und zwei Selbstständige, die ein gemeinsames Projekt planen, verbrachten jeweils eine Stunde mit dem Experten. „Eine Stunde ist die richtige Zeit, denn sie ist gut gefüllt und reicht aus um zu klären, was eigentlich Sache ist und um an den Stellschrauben zu drehen“, meint Wittmann. „Wir schaufeln uns gemeinsam frei.“ Mediengestalter, Filmproduzenten und Künstler stellten ihm ihre Geschäftsideen vor, alle in Dinslaken und dem Umkreis aktiv. Wer weiteren Gesprächsbedarf hatte, konnte für einen der nächsten Beratungstage in Essen und Duisburg einen Folgetermin vereinbaren.


Manchmal liegen Auswege aus finanziellen Durststecken gar nicht so fern, aber erst durch den professionellen Blick von außen erschließen sie sich. „Wenn ein Fotograf oft ohne Honorar Kulturprojekte begleitet, empfehle ich ihm in Erwägung zu ziehen, ob er weniger ehrenamtlich arbeiten und beispielsweise mehr Hochzeiten fotografieren könnte, die ihm sein Einkommen sichern. Ich rege auch an zu prüfen, ob es weitere Märkte für ihn gibt.“ Oliver Wittmann weiß, wie überfüllt viele kreative Branchen sind. Zum Beispiel buhlen immer mehr Fotografen und Grafikdesigner um Aufträge und die Preise sind im freien Fall begriffen. Ebenso sieht es aufgrund der Entlassungswelle in den Redaktionen bei den Journalisten aus. „Der Markt verschiebt sich zunehmend in Richtung PR.“ Da heißt es für jeden Selbstständigen, die passende Marktnische und das Alleinstellungsmerkmal zu finden, um dauerhaft wirtschaftlich erfolgreich arbeiten zu können. „Das A und O ist Netzwerken“, schärft Wittmann den Einzelunternehmern ein. „Es ist immer gut zu wissen, wie die Mund-zu-Mund-Propaganda funktioniert.“ Der Berater kennt sich in der Branche aus, weiß, in welchen Fördertöpfen es etwas zu holen gibt und knüpft bei Bedarf Kontakte.


„Ich finde es schön zu sehen, dass auch in einer weniger bekannten Stadt wie Dinslaken Selbstständige kreativ unterwegs sind und dass sich das Kreativ.Quartier Lohberg in ihren Dienst stellt“, resümiert Oliver Wittmann. „Beim Beratungstag hat sich auch gezeigt, dass unsere Kooperationen mit den Wirtschaftsförderungen und Industrie- und Handelskammern gut funktionieren. Wir wollen schließlich keine Parallelstrukturen schaffen, sondern uns sinnvoll ergänzen. Wir möchten jeden Einzelnen stärken, Perspektiven eröffnen und Stabilität in die Branche bringen. An der Basis der Kultur- und Kreativwirtschaft geht man zu Fuß – aber es lohnt sich!“


Text: Gudrun Heyder

Foto: Kurt Steinhausen

 


INFO

Die Kultur- und Kreativbranche ist mit ihren vielfältigen Berufszweigen ein großer und ökonomisch bedeutender Wirtschaftszweig. Die Quote der Selbstständigen ist hier überdurchschnittlich hoch. Um Freiberufler, Gründer und Unternehmer zu beraten, hat das Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes acht Regionalbüros eingerichtet.

 

Oliver Wittmann, Jurist und Kulturmanager, ist seit September 2012 Ansprechpartner des Kompetenzzentrums für Nordrhein-Westfalen. Er berät Kreative und Kulturschaffende aller Branchen. Regelmäßige Orientierungsberatungen bietet er in Bochum, Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Münster und Köln an. Das Angebot ist kostenlos und richtet sich an Soloselbständige, Neugründer, Projektemacher und Freelancer aus den Bereichen Architektur, Design, Musik-, Film- und Rundfunkwirtschaft, Kunst- und Buchmarkt, Software- und Gamesindustrie, darstellende Künste sowie Presse- und Werbemarkt.