08.02.2018

Erreichtes und Zukunft im KQL: Wohn- und Gewerbegebiet wachsen sichtbar. Zum Jahresbeginn ziehen Heike Schulz und Bernd Lohse, Projektleiter des KQL, Bilanz und blicken auf 2018 voraus. Teil I: Bauen und Sanieren

Die zukünftigen Bewohner und Projektleiter Bernd Lohse stoßen auf ein neu errrichtete Haus an. Oben: Bernd Lohse und Projektleiterin Heike Schulz (l.), KQL-Redakteurin Gudrun Heyder; Animation der Wohnbebauung; Kohlenmischhalle mit neuen Solarmodulen

Manche Neuerungen im KQL fallen wegen ihrer enormen Ausmaße sofort ins Auge, zum Beispiel die vor gut einem Jahr fertig gestellte Solaranlage auf dem Dach der Kohlenmischhalle. Anderes spielt sich eher im Verborgenen ab, wie der „Geleitschutz“ für wandernde Kröten an der Ober-Lohberg-Allee im Frühjahr 2017.  Bernd Lohse, Projektleiter der RAG Montan Immobilien, findet beides genauso wichtig: „Es geht hier nicht nur um die Investorensicht, sondern auch um Nachhaltigkeit und Partizipation.“ Heike Schulz von der Stabsstelle Stadtentwicklung der Stadt Dinslaken bekräftigt, dass die Entwicklung des Kreativ.Quartiers eine gemeinsame Aufgabe vieler Akteure ist. Zurzeit steht die Bautätigkeit im Vordergrund: Zwölf Jahre nach der Zechenschließung verändern sich das neue Wohn- und Gewerbegebiet ständig.

 

 

Wohngebiet

 

„Man sieht Kräne! Viele, die 2016 Grundstücke gekauft hatten, haben 2017 mit dem Bauen begonnen“, freut sich Bernd Lohse. „Von den Grundstücken im Wohngebiet sind gerade mal noch zwei Händevoll zu haben.“ Mit vielen Menschen, die hier ihr neues Zuhause errichten, steht der Diplom-Geograf in persönlichem Kontakt. Familie Wassong, eine der ersten, hat ihn kürzlich zum Richtfest eingeladen. „Bis 2019 werden wir das Wohngebiet komplett vermarktet haben“, hebt Lohse hervor. Das ist angesichts der immer noch kursierenden Vorurteile gegenüber Lohberg als geeignetem Lebensmittelpunkt ein ganz großer Erfolg. 

An der Hünxer Straße soll noch in diesem Jahr der erste von drei Bauabschnitten für rund 130 neue Wohneinheiten fertig gestellt werden. Die RAG Montan Immobilien-Tochter GP & Q, Gesellschaft für Projekt- & Quartiersentwicklung mbH, stemmt das Projekt. Gut bezahlbare  Wohnungen in luftiger, mehrgeschossiger Bauweise entstehen – zur belebten Hünxer Straße hin gut gedämmt und mit Innenhöfen als „Freisitz“ für die Mieter.

 

Gewerbegebiet

 

Das Gewerbegebiet gewinnt ebenfalls rasch an Gestalt: „Standby Pintsch wird dort voraussichtlich im Juni 2018 als erstes Unternehmen neu eröffnen, mit mehr als 40 Arbeitsplätzen“, erklärt Heike Schulz. „Durch die entstehende hohe Montagehalle wird ein entsprechendes Zeichen gesetzt , die Gestalt des Gewerbegebiets hat sich dadurch schon sehr weiterentwickelt.“ Die Neubauten der Baugemeinschaft Weißbuch an der Ober-Lohberg-Allee wachsen ebenfalls täglich. Die Fahrschulakademie Niederrhein auf dem Grundstück direkt nebenan will vom Sommer 2018 an ihre Kundschaft begrüßen. Mit Kiddy Box stehe der baldige Vertragsabschluss bevor, kündigt Bernd Lohse an. Mit weiteren Firmen befindet er sich in Vertragsverhandlungen. Dabei erfolgen auch viele Beratungen zur Gestaltung und zur Umsetzung des Energiekonzeptes.

 

Kohlenmischhalle

 

Sturm „Friederike“ hat das größte Gebäude im Kreativ-Quartier leider an den Giebelseiten beschädigt. Voll im Gange sind jedoch die Erdarbeiten zur Entwässerung, die in Kürze abgeschlossen sein sollen. Im Sommer ist die Halle komplett umgebaut. Die Ausschreibung der riesigen Halle wird in diesem Jahr erfolgen. „Wegen der Standsicherheit, neuer statischer Berechnungen und Neuplanung müssen wir die Halle vollständig schließen“, erläutert Bernd Lohse.

 

Ehemaliges Gesundheitshaus

 

„Mich persönlich hat erfreut, dass wir 2017 endlich das Gesundheitshaus zurückbauen konnten“, merkt Bernd Lohse an. „Dass wir das Gebäude nach dem Brand nicht mehr retten konnten, war ein Riesenverlust, das tat richtig weh. Aufgrund des schwebenden Verfahrens wegen rechtlicher und versicherungstechnischer Belange mussten wir die Ruine so lange stehen lassen.“ Nun sei der Weg für die Neunutzung des Areals offen. 

 

Einzelhandel

 

Was wird aus dem Gelände des Gesundheitshauses? Verkraftet der Johannesplatz einen Supermarkt an der Hünxer Straße? Diese Debatte bewegt die Bewohner der Gartenstadt zurzeit. „Die öffentliche Diskussion ist gerechtfertigt“, erklärt Bernd Lohse. „Denn es ist wichtig, den Marktplatz als historischen Kern des Stadtteils zu stärken.“ In einem Discounter an der Hünxer Straße sieht er keine Gefahr für die Einzelhändler am Marktplatz. Heike Schulz: „Viele weitere Bewohner kommen durch die Neubauten hinzu, außerdem die Beschäftigten im Gewerbegebiet, da darf kein Versorgungsdefizit entstehen.“  Um den Johannesplatz aufzuwerten, gibt es auf Seiten der Stadt Überlegungen, dort einen Pavillon mit Café-Betrieb zu errichten. Allerdings müssen hier erst die Belange des Denkmalschutzes geprüft werden.

 

Kindertagesstätte

 

Zu den Höhepunkten des letzten Jahres zählt Raumplanerin Heike Schulz auch den Beschluss des Dinslakener Stadtrats, auf dem Zechengelände eine neue Kita zu eröffnen. „Der politische Wille, das Leitbild ‚Lohberg und Halde werden EINS‘ einzulösen, ist da. Die Pläne für die Kita sind räumlicher Ausdruck der Umsetzung und ein Bekenntnis zu diesem Standort.“  Wann die Kita eröffnen wird, ist jedoch noch ungewiss. Derzeit wird der Kaufvertrag für das Grundstück durch die Stadt vorbereitet und die Planungen werden weiter vertieft.

 

Zechenwerkstatt (Zentralwerkstatt)

 

Die Freilicht AG hat 2017 mit Leidenschaft an ihrem Konzept für eine dauerhafte Nutzung der Zechenwerkstatt gefeilt. Von ihr stammt auch der Vorstoß, die bisher als Zentralwerkstatt bezeichnete Halle umzubenennen: Während des Zechenbetriebs hieß die „ZW“ bei den Bergleuten  Zechenwerkstatt. Von nun an soll sie wieder diesen Namen tragen. „Wir arbeiten partnerschaftlich mit der Freilicht AG zusammen, um ihre Vorhaben 2018 umsetzen zu können“, umschreibt Bernd Lohse den Prozess. „Ich bin da voller Optimismus.“ Auch die Stadt Dinslaken unterstütze die Aktivitäten der Freilicht AG, ergänzt Heike Schulz. (Was das für Kunst und Kultur im KQL bedeutet, ist demnächst im zweiten Teil dieses Textes zu lesen.)

 

Wasserturm

 

Die Stadt hat den Wasserturm im Bergpark Ende 2017 von der RAG Montan Immobilien für einen Euro gekauft; für die Instandsetzung stehen Fördermittel zur Verfügung. „Ein Erfolg war, dass die Stadt den Turm als Heimat des Vereins Parkwerk an den Schmutzwasserkanal angeschlossen hat“, sagt Heike Schulz, eine  Voraussetzung dafür, einen geregelten Café-Betrieb realisieren zu können. „Damit ist der Verein schon einen ganzen Schritt weiter.“  Die Aktivitäten des Vereins schätzen die Projektleiter sehr: Lohberger engagieren sich dort für und mit Lohbergern. Das entspricht dem Ziel, Siedlung und Zechengelände zu vereinen.  

 

Straßenbau

 

Die beiden letzten Straßen rund um das KQL werden zurzeit erschlossen: „Im Kreativquartier“ wird künftig die geplante Kita auf dem Gelände der ehemaligen Heizzentrale erschließen. Der „Energiering“ verbindet die Ober-Lohberg-Allee mit dem neuen Gewerbegebiet. „Das können wir jetzt erst machen, weil wir zuvor die Leitungen für die Nutzung des Grubengases  verlagern und sichern mussten“, erläutert Bernd Lohse.

 

Straßenverkehr - Krötenwanderung

 

Die Ober-Lohberg-Allee bildet ein Hindernis für die Kröten, die im Frühjahr ihre Wanderung antreten. Die Tiere bevorzugen den direkten Weg, auch wenn sie sich in Lebensgefahr begeben. „2017 war es eine Riesenaktion, die Kröten heile über die Ober-Lohberg-Allee zu bugsieren“, erzählt Bernd Lohse. „So etwas bekommt kaum jemand mit, aber auch das gehört dazu, wenn wir hier Deutschlands größtes CO2-neutrales Quartier entwickeln.“ Nachhaltigkeit und Naturschutz sind selbstverständlich. „Am Fuß der Halde haben wir bei der Gelegenheit das größte Schilfgebiet am Niederrhein entdeckt“, berichtet Lohse erfreut. Das ehemalige Zechengebiet hat schon so einige Überraschungen in Flora und Fauna zu Tage gefördert, etwa den hohen Wildbestand auf der Halde. Die Artenvielfalt an Tieren und Pflanzen ist hier sehr groß. Deshalb erscheint die Halde auch über das Jahr komplett in bunten Farben.

 

Ein Puzzle aus unzähligen Einzelteilen

 

Im Gespräch mit den Projektleitern wird erneut deutlich, wie viele einzelne Schritte über die Jahre zu gehen sind, um das brachliegende Zechenareal in ein lebendiges Quartier zum Wohnen und Arbeiten, für Kultur, Bildung und Freizeit zu verwandeln. In diesem riesigen Puzzle legen die Projektleiter mit allen Verantwortlichen und Mitstreitern mal ganz große, mal winzige Teile. Manchmal fügen sie sich sofort aneinander, bisweilen verhaken sie sich, ab und zu wollen sie auch gar nicht passen. Aber dass das Puzzle letztlich aufgeht und man bei seinem Anblick erstaunt und stolz sein wird, da sind sich Heike Schulz und Bernd Lohse ganz sicher.    

 

Text: Gudrun Heyder

Fotos: Stadt Dinslaken / KQL

 

Der zweite Teil dieses Textes wird in Kürze hier veröffentlicht. Darin geht es um die Themen Kultur und Events.